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Autoindustrie stemmt sich gegen Bedeutungsverlust

Von:
Reuters
Aktualisiert: Jan 11, 2023, 13:36 GMT+00:00

Hamburg (Reuters) - Die deutsche Automobilindustrie warnt vor einem Bedeutungsverlust im weltweiten Standortwettbewerb und fordert gezielte Maßnahmen dagegen.

ARCHIV: Mercedes-Benz Autos in einem Autohaus des deutschen Automobilherstellers Daimler in München

Hamburg (Reuters) – Die deutsche Automobilindustrie schlägt angesichts der gestiegenen Energiekosten und dem weltweit zunehmenden Standortwettbewerb Alarm.

“Ohne ein ambitioniertes Programm für Wettbewerbsfähigkeit und Standort drohen wir, global dauerhaft den Anschluss zu verlieren”, sagte VDA-Chefin Hildegard Müller am Mittwoch bei einer Online-Pressekonferenz. Deutschland drohe durch das milliardenschwere Subventionsprogramm der USA und die Konfrontation mit China an Boden zu verlieren. “Der Industriestandort fällt international zurück.” Wenn hier nicht gegengesteuert werde, bewirkten die Klimaschutzbemühungen in Europa genau das Gegenteil, nämlich die Verlagerung von Unternehmen ins Ausland mit dort geringen oder kaum vorhandenen Umweltauflagen. Gleichzeitig nimmt die Konkurrenz durch chinesische Autohersteller in Europa zu.

“Die USA machen eine konsequente Politik, die die Voraussetzungen schafft, der Klimaneutralität auch im Verkehrsbereich den Weg zu ebnen”, sagte die Verbandschefin. Darauf müsse Europa reagieren. Es müsse verhindert werden, dass sich die globalen Achsen verschöben. “Nur wenn wir international Relevant bleiben, werden wir auch künftig global politisches Gewicht haben”, betonte Müller. Sie kritisierte erneut den mit dem Inflation Reduction Act der US-Regierung einhergehenden Protektionismus. “Die EU-Kommission muss sich weiter für Verbesserungen und eine nachhaltige Lösung für Fahrzeuge von EU-Herstellern einsetzen.” Es sei zudem wichtig, zu verhindern, dass die Förderpraxis der USA Nachahmer und Gegenreaktionen nach sich zögen, die in einer Spirale des Protektionismus münden könnten.

EUROPA BRAUCHT EINE AGENTUR FÜR STRATEGISCHE ROHSTOFFE

Die europäische Antwort auf Tendenzen zur De-Globalisierung müssten Rohstoff- und Handelsabkommen sowie Energiepartnerschaften sein, um Abhängigkeiten abzubauen. Um Engpässe bei der Versorgung der mit für den Ausbau der E-Mobilität nötigen Rohstoffen zu verhindern, müsse das Tempo erhöht werden. “Europa braucht jetzt eine Agentur für strategische Rohstoffe”, sagte Müller.

Die Bundesregierung forderte Müller auf, für eine bezahlbare und ausreichende CO2-neutrale Energieversorung zu sorgen. Bisher habe sich die Politik im Wesentlichen mit der Bewältigung der akuten Energie-Krise befasst, ohne dabei eine langfristige, strategische Versorgung sicherzustellen. Deutschland brauche dringend einen Ausbau der Energieversorgung, forderte Müller. Dabei legte sich die VDA-Chefin nicht fest, aus welchen Quellen die zusätzliche Energie kommen soll, damit die Preise sinken können. Das sei Sache der Versorger, sagte die einstige Lobbyistin der Energiewirtschaft.

Nach der Corona-Pandemie habe die Energiekrise als Folge des Krieges in der Ukraine die Standortschwächen schonungslos offengelegt. Bei mittelständischen Unternehmen zeigten die hohen Kosten bereits gravierende Folgen, sagte Müller. Immer öfter höre sie die Frage, ob Deutschland noch der richtige Standort sei. Laut einer Befragung von Zulieferern wollen 22 Prozent Investitionen ins Ausland verlagern. 53 Prozent wollen geplante Ausgaben verschieben oder streichen sie gar.

VORSICHTIGER OPTIMISMUS FÜR 2023

Die Branche blickt nach einem durchwachsenen Jahr vorsichtig optimistisch auf 2023. Nach den Lieferengpässen und Produktionsstopps im vergangenen Corona-Jahr setzen Autobauer und Zulieferer darauf, dass die Versorgung wieder rund läuft. Gleichzeitig geht die Sonderkonjunktur zu Ende, in der die Hersteller wegen der starken Nachfrage hohe Preise durchsetzen konnten und satte Gewinne einfuhren.

Der Pkw-Absatz dürfte in Deutschland trotz der Inflation und der wirtschaftlichen Unsicherheit um zwei Prozent auf gut 2,7 Millionen Einheiten wachsen. Das wäre immer noch ein Viertel weniger als im Vorkrisenjahr 2019. Für Europa (EU27, EFTA, UK) geht der VDA von einem Absatzplus von fünf Prozent auf 11,8 Millionen Fahrzeuge aus. In den USA dürfte der Markt für so genannte Light-Vehicles um vier Prozent auf 14,2 Millionen Stück zulegen. Für den weltgrößten Pkw-Markt in China prognostiziert der VDA ein Wachstum um drei Prozent auf 23,7 Millionen Einheiten. Daraus ergebe sich für den Weltmarkt ein moderater Zuwachs um vier Prozent auf 74 Millionen Fahrzeuge, 6,5 Millionen weniger als 2019.

(Bericht von Jan C. Schwartz und Victoria Waldersee,; redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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