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Ukraine bereitet sich auf russische Offensive im Osten vor

Von:
Reuters
Aktualisiert: Mar 31, 2022, 15:19 GMT+00:00

- von Oleksandr Kozkuhan Lwiw/Kiew (Reuters) - Die Ukraine bereitet sich nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj auf einen massiven russischen Angriff im Osten des Landes vor.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj während einer Ansprache inmitten des russischen Einmarsches in der Ukraine in Kiew, Ukraine, 30. März 2022, in diesem Standbild aus einem Video. Pressedienst des ukrainischen Präsidenten /via Reuters TV/Handout via REUTERS

(neu: Putin zu Gas, Scholz, Klitschko, Einzelheiten)

– von Oleksandr Kozkuhan

Lwiw/Kiew/Berlin (Reuters) – Die Ukraine bereitet sich nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj auf einen massiven russischen Angriff im Osten des Landes vor.

Man sehe dort eine Truppenkonzentration, sagte Selenskyj am Donnerstag. Auch auf russischer Seite hieß es, Ziel sei es, die Gebiete des Donbass zu erobern, die bisher noch nicht unter der Kontrolle der prorussischen Separatisten stünden. Diese kontrollieren Teile der rohstoffreichen Ostukraine seit 2014. Wladimir Klitschko, der Bruder des Kiewer Bürgermeisters Witali Klitschko, traf unterdessen zu Gesprächen mit der Bundesregierung in Berlin ein. Zunächst kam er mit Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck zusammen. Danach war auch ein Treffen im Kanzleramt geplant.

Russland hat in der fünften Woche des Krieges in der Ukraine angekündigt, seine militärischen Aktivitäten im Nordwesten des Landes und um die Hauptstadt Kiew zurückzufahren. Das britische Verteidigungsministerium teilte mit, dass man aber in den Vororten Kiews dennoch in den kommenden Tagen heftige Kämpfe erwarte. Selenskyj führte den Teilrückzug der russischen Truppen vor allem auf dortige militärische Rückschläge zurück.

Unterdessen gibt es neue Hoffnung auf Hilfe für die in der südostukrainischen Hafenstadt Mariupol von russischen Truppen eingeschlossenen Menschen. Das Internationale Rote Kreuz teilte mit, mehrere Teams seien auf dem Weg nach Mariupol, um Evakuierungen zu organisieren. Russland habe dem zugestimmt. Die stellvertretende ukrainische Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk sagte, ein Konvoi aus 45 Bussen solle Menschen aus der Stadt bringen. In den vergangenen Tagen waren allerdings Evakuierungsversuche aus der durch russische Bombenangriffe stark zerstörten Stadt mehrfach gescheitert. Das britische Verteidigungsministerium berichtete am Donnerstag von weiteren heftigen Kämpfen um die Stadt.

Die Ukraine und westliche Länder sprechen von einem russischen Angriffskrieg und einer Invasion, die am 24. Februar begonnen hat. Russland hat sein Vorgehen in der Ukraine dagegen zunächst als Spezialoperation zur Zerstörung militärischer Stützpunkte bezeichnet. Nun wird als Hauptziel die Eroberung der Ostukraine genannt. In dem Krieg sollen nach Angaben der Ukraine und westlicher Sicherheitskreise bereits mehrere Zehntausend Menschen gestorben sein. Allein in Mariupol soll es nach Aussagen von Präsident Selenskyj bislang Tausende Tote geben. Mehr als vier Millionen Menschen sind dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) zufolge inzwischen aus der Ukraine geflohen.

NEUE GESPRÄCHE ZWISCHEN UKRAINE UND RUSSLAND AM FREITAG

Der ukrainische Unterhändler David Arachamia gab an, dass die Gespräche zwischen Russland und der Ukraine am Freitag weitergeführt werden sollen, diesmal aber virtuell. Russland stellt sich einem Agenturbericht zufolge nicht gegen ein weiteres Treffen von Außenminister Sergej Lawrow mit dem ukrainischen Ressortchef Dmytro Kuleba.

Bei den Friedensgesprächen in Istanbul hatte es am Dienstag Fortschritte gegeben. So bot die Ukraine im Gegenzug zu Sicherheitsgarantien ihre Neutralität und den Verzicht auf einen Nato-Beitritt an. Zudem war von einer 15-jährigen Übergangsregel für die von Russland 2014 annektierte ukrainische Halbinsel Krim die Rede. Auch Deutschland ist nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Hebestreit prinzipiell bereit, nach einem Friedensschluss als einer der Garantenstaaten für die Ukraine aufzutreten.

SCHOLZ BEHARRT BEI GAS-LIEFERUNGEN AUF VERTRÄGEN

Russlands Präsident Wladimir Putin unterzeichnete unterdessen ein Dekret, nachdem ausländische Käufer für russisches Gas von Freitag an in Rubel zahlen müssen. Verträge würden gestoppt, wenn diese Zahlungen nicht erfolgten, sagte Putin in Moskau. Bundeskanzler Olaf Scholz reagierte gelassen. Er verwies erneut auf die bestehenden Verträge. “Darin steht drin, dass in Euro gezahlt wird, manchmal in Dollar”, sagte er. “Ich habe in dem Gespräch mit dem russischen Präsidenten klar gemacht, dass das auch so bleiben wird.” Man werde sich nun anschauen, wie Russland dies umsetzen werde.

Die G7-Staaten haben es insgesamt abgelehnt, Öl und Gas in Rubel zu bezahlen, weil die Verträge auf Euro und Dollar laufen. Wegen eines möglichen Ausfalls russischer Lieferungen hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck am Mittwoch die Frühwarnstufe des Notfallsplans Gas ausgesprochen.

Selenskyj verlangte in einer Videobotschaft an das niederländische Parlament einen völligen Stopp des Handels mit Russland. “Stärkere Sanktionen sind erforderlich, damit Russland keine Chance hat, diesen Krieg in Europa weiterzuführen.” Vor dem australischen Parlament sagte er in einer Videoansprache: “Wenn wir Russland jetzt nicht aufhalten, wenn wir Russland nicht zur Rechenschaft ziehen, dann werden einige andere Länder der Welt, die sich auf einen ähnlichen Krieg gegen ihre Nachbarn freuen, entscheiden, dass solche Dinge auch für sie möglich sind.”

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