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Bundesbank-Präsident Nagel für weitere Zinsschritte nach oben

Von:
Reuters
Aktualisiert: Feb 10, 2023, 06:21 GMT+00:00

Frankfurt (Reuters) - Die EZB sollte aus Sicht von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel ihren Zinserhöhungskurs im Kampf gegen die Inflation beibehalten.

ARCHIV: Joachim Nagel, Präsident der Deutschen Bundesbank, während eines Medienrundgangs in der Bundesbankzentrale in Frankfurt

Frankfurt (Reuters) – Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hat angesichts der anhaltend hohen Inflation davor gewarnt, vom eingeschlagenen geldpolitischen Straffungskurs zu schnell wieder abzurücken.

“Es gibt einen Kardinalsfehler in der Geldpolitik in Phasen, in denen die Inflation hoch ist, dass man viel zu früh nachlässt”, sagte Nagel am Donnerstag bei einem Vortrag an der Universität Hohenheim in Stuttgart. Den Fehler wolle er vermieden sehen für den Euro-Raum. Die Europäische Zentralbank (EZB) sei noch nicht im sogenannten restriktiven Bereich angekommen. Darunter verstehen Ökonomen ein Zinsniveau, das eine Volkswirtschaft bremst.

Die EZB hatte nach Jahren der Null- und Negativzinsen im Juli 2022 die Zinswende vollzogen und seitdem die Schlüsselsätze bereits fünf Mal in Folge erhöht um zusammengenommen 3,0 Prozentpunkte. Vor einer Woche auf ihrer ersten Zinssitzung 2023 setzten die Währungshüter die Sätze wie zuvor im Dezember um 0,50 Prozentpunkte herauf. Für das nächste Zinstreffen im März stellte EZB-Präsidentin Christine Lagarde zudem bereits einen weiteren Schritt nach oben um erneut einen halben Prozentpunkt in Aussicht. Was danach kommen soll, ist allerdings noch offen.

Es sei richtig, dass die Geldpolitik die Gesamtlage von Sitzung zu Sitzung neu bewerte, sagte Nagel. “Derzeit deutet alles darauf hin, wenn ich die Daten von heute nehme, dass wir bei den Zinsen noch eine Wegstrecke zu gehen haben”, merkte er an. Wie weit und mit wie vielen Schritten könne er aber nicht sagen. Die EZB habe eine relativ klare Botschaft ausgegeben für die März-Sitzung. “Und dann bin ich aber auch der Auffassung, dass wir darüber hinaus an unserem Kurs festhalten sollten,” sagte er.

Die EZB strebt auf mittlere Sicht eine Teuerungsrate von zwei Prozent an. Die Inflation war zwar im Währungsgebiet dank eines nachlassenden Preisschubs bei Energie im Januar auf 8,5 Prozent gesunken nach 9,2 Prozent im Dezember. Aber das ist immer noch weit vom EZB-Ziel entfernt. Zudem verharrte die Kerninflation, in der die schwankungsreichen Preise für Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak ausgeklammert sind, zuletzt bei 5,2 Prozent. Dies bereitet den Euro-Wächtern Sorgen. “Wir haben nach wie vor eine sehr robuste, eine sehr persistente und hartnäckige Inflation und sehen insbesondere bei der Kerninflationsrate noch keine fallende Tendenz,” sagte Nagel. Für einen Abgesang auf die Inflation seien die Zahlen noch viel zu hoch.

Verluste der bundesbank

Nagel räumte ein, dass die Bundesbank im Zuge des Zinserhöhungskurses in den nächsten Jahren womöglich Verluste schreiben könnte. Die Euro-Wächter hatten zur Ankurbelung der Konjunktur und zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie in den vergangenen Jahren massive Staatsanleihen- und Unternehmensanleihen-Kaufprogramme aufgelegt. Die hohen Bestände an Bonds werfen derzeit aber nur geringe Zinsen ab. Auf der anderen Seite müssen die Euro-Wächter im Zuge der Zinswende den Geschäftsbanken nun wieder kräftig Zinsen zahlen für deren Einlagen bei der Notenbank.

Nagel wies darauf hin, dass die Bundesbank vorgesorgt und Rückstellungen von über 20 Milliarden Euro aufgebaut habe. Diese Rückstellungen würden nun genutzt. “Das sieht für 2022 noch relativ übersichtlich aus, weil wir eben erst angefangen haben im Juli 2022, die Zinsen zu erhöhen.” Die Rückstellungen würden dann aber sukzessive aufgebraucht in den Folgejahren. “Und wir werden Jahre haben, in denen die Bundesbank mit einer hohen Wahrscheinlichkeit Verluste ausweisen wird,” fügte er hinzu. Das habe es in der Geschichte der Bundesbank aber schon mal gegeben. “In den 70er Jahren gab es insgesamt sieben Jahre mit Bundesbank-Verlusten.” Auch die EZB und andere Notenbanken der Euro-Zone hatten vor möglichen Verlusten gewarnt.

(Bericht von Frank Siebelt, redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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