Gerade weil Bitcoins zu Nichts nütze sind, außer potenziell als Geld verwendet zu werden, haben sie womöglich einen so großen Nutzen als Geld. Wer auf die Zukunft des Bitcoins als Weltgeld nach Gold und US-Dollar spekuliert, braucht die Phantasie, an dieses Nichts zu glauben.
Anders als Gold, das nicht nur als Geld, sondern auch in der Elektroindustrie oder als Schmuck verwendet wird, hat Bitcoin keinerlei Nutzen als Ware. Und anderes als staatliches Geld, welches auch als politisches Instrument verwendet wird, um eine politisch gewünschte Konjunktur zu stimulieren oder die Staatsfinanzen zu päppeln, nutzt Bitcoin auch dazu nicht. Doch genau das macht seine potenzielle Stärke als Geld aus. Was manche Politiker und Gegner des Bitcoin auch nach über 10 Jahren Bitcoin-Wertzuwachs kritisieren, ist eher Trumpf als Schwäche des Bitcoins.
Diese gewünschte und positive Geld-Eigenschaft nennt man Inkommensurabilität. Der Duden erklärt diesen ursprünglich aus dem Latein stammenden Begriff auch mit den deutschen Worten des unvergleichbar bzw. unvergleichlich Seins. Neben Knappheit (man spricht auch von Seltenheit) und möglichst leichter Transferierbarkeit (auch Portabilität genannt) sowie anderen bekannten gewünschten Geldeigenschaften wie Teilbarkeit und Haltbarkeit ist die Inkommensuarbilität als optimale Geldeigenschaft eine weitestgehend nur Finanz-Insidern und auf die Geldtheorie spezialisierten Ökonomen bekannt. Gerade weil Bitcoins zu Nichts nütze sind, außer dazu, potenziell als Geld verwendet zu werden, können sie potenziell wertstabiler und damit nützlicher sein als andere Geldarten.
Weil Bitcoins potenziell zu nichts anderem als der Geldverwendung (Tauschmittel-, Wertaufbewahrungs-, Recheneinheitsfunktion) nützen, können sie potenziell einen stabileren Wert als beispielsweise Gold oder staatliche Währungen wie der Euro entwickeln. Wir sehen es zum Beispiel an der Hochzeitssaison in Indien. Weil Gold auch zur Herstellung von Schmuck dient, treibt die durch die mit der Hochzeitssaison entstehende zusätzliche Nachfrage nach Gold, regelmäßig den Goldpreis nach oben.
Danach fällt der Goldpreis wieder, wenn diese Nachfrage nachlässt. Das bringt den Wert zum Schwanken. Ein schwankender Wert ist jedoch für die Tauschmittel-, Wertaufbewahrungs- und Recheneinheitsfunktion des Geldes nachteilig. Schließlich möchten sich Geldhalter von ihrem Geld möglichst immer das Gleiche, den gleichen Warenkorb leisten können, völlig unabhängig von aktuellen Umständen. Auch von der konjunkturellen Entwicklung der Industrie ist der Goldpreis nicht unabhängig, da Gold beispielsweise in der Elektro- und Halbleiterindustrie Verwendung findet.
Staatliche Währungen eignen sich neben der Verwendung als Geld zudem auch als politisches Instrument zur Finanzierung von politischen Projekten. Um politische Projekte wie die europäische Einigung, die Immobilien-, Banken- und Staatsschuldenkrise ab 2008, die Flüchtlingskrise ab 2015, die Corona-Krise ab 2020 oder die Steuerung des Weltklimas zu finanzieren oder allgemein die Wirtschaft “anzukurbeln”, druckt die Europäische Zentralbank fleißig Geld. Seit Euro-Einführung hat sie so die Zentralbankgeldmenge rund verzwölffacht.
Eine amtliche gemessene Rekord-Inflation von aktuell 5,1 Prozent ist die Folge. Das drückt den Geldwert, schädigt einen stabilen Wert des Geldes und entwertet so den Nutzen des Geldes. Bitcoin ist für eine derartige Verwendung untauglich. Die Geldmenge ist strikt auf knapp 21 Millionen stück beschränkt. Und darüber, wie der Bitcoin als Geld an die Menschen verteilt wird, entscheiden leistungsgerecht allein Angebot und Nachfrage der Menschen. Der Bitcoin erfüllt damit die ebenfalls für Zentralbankgeld gewünschte Eigenschaft der politischen Unabhängigkeit. Politische oder juristische Versprechen, braucht es keine mehr.
Gerade weil Bitcoins zu Nichts nütze sind, außer potenziell als Geld verwendet zu werden, haben sie womöglich einen so großen Nutzen als Geld. Wer auf die Zukunft des Bitcoins als Weltgeld nach Gold und US-Dollar spekuliert, braucht die Phantasie, an dieses Nichts zu glauben. Noch schwankt der Bitcoin-Kurs stark, weil sich der Bitcoin als junge Währung erst in seiner Entstehungsphase befindet. Je mehr Menschen den Bitcoin verwenden, desto mehr kann sich sein Wert jedoch eines Tages auf hohem Niveau stabilisieren. Die Eigenschaft der Inkommensurabilität spricht ebenso wie die Knappheit und Transferierbarkeit des Bitcoins dafür.
Erfüllen andere Währungen die Inkommensurabilität oder andere gewünschten Geld-Eigenschaften in Zukunft besser, werden sich diese durchsetzen. Eine Garantie, dass alleine Bitcoin das Rennen macht, gibt es nicht. So wie ein kluger Pirat seine Schatztruhe nicht nur mit Gold füllt, sondern alles Wertvolle wie Silber, Bronze oder Diamanten in seinem Schatz anhäuft, wird auch ein kluger Investor seine Kasse nicht nur mit Bitcoins füllen, sondern diversifizieren.
Ralph hat seinen Abschluss an der Universität Passau in Betriebswirtschaft und Wirtschaftswissenschaften mit Masterarbeit in Wirtschaftsinformatik gemacht. Während seines Studiums entwickelte sich seine Leidenschaft für Geldtheorie und Kryptowährungen.