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US-Jobdaten enttäuschen – Abkehr von Fed-Krisenmodus in der Schwebe

Von:
Reuters
Aktualisiert: Oct 8, 2021, 15:17 UTC

Washington/Berlin (Reuters) - Die Erholung am US-Arbeitsmarkt stockt und bietet der Notenbank Fed keine Orientierungshilfe für eine Abkehr vom Krisenmodus.

Das US-Kapitol unter wehenden Flaggen auf der National Mall

– von Lucia Mutikani und Reinhard Becker

Es entstanden lediglich 194.000 neue Jobs außerhalb der Landwirtschaft, wie die Regierung in Washington am Freitag mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit 500.000 gerechnet. Die Fed hat die Zahlen genau im Blick. Eine nachhaltige Erholung am Jobmarkt gilt als Voraussetzung dafür, dass sie ihre massiven Konjunkturspritzen niedriger dosiert.

Notenbankchef Jerome Powell hat die Latte dafür recht niedrig gehängt und betont, ihm würde bereits ein “ordentlicher” Jobbericht im September genügen. Ob das eher magere Stellenplus ausreicht, um die Fed zum Herunterfahren (Tapering) ihrer Wertpapierkäufe im Volumen von monatlich 120 Milliarden Dollar zu bewegen, ist eine offene Frage.

“Der Stellenzuwachs ist eine große Enttäuschung”, meint Chefökonom Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe. Die Arbeitslosenquote sank im September allerdings auf 4,8 von zuvor 5,2 Prozent und damit stärker als erwartet. Dies wirkt auf den ersten Blick paradox, da der Stellenaufbau ja nur mäßig ausfiel. Doch die Zahlen basieren auf zwei verschiedenen Datensätzen: eine Haushaltsumfrage, aus der die Arbeitslosenquote berechnet wird und einer Arbeitgeberumfrage, aus der die Jobzahlen gewonnen werden.

ZUG ZUM TAPERING ROLLT

Bei den Anlegern sorgte die schwer zu entziffernde Botschaft des Arbeitsmarktberichts für Kopfzerbrechen: Die US-Indizes schwankten vom Plus ins Minus und lagen zwischenzeitlich je rund 0,1 Prozent tiefer. Noch immer fehlen dem Arbeitsmarkt 4,97 Millionen Jobs zum Vorkrisenniveau. Doch im vorigen Dezember war die Lücke mit rund zehn Millionen gewaltiger, so dass die Notenbank durchaus auf eine substanzielle Besserung der Lage verweisen könnte – auch wenn die September-Zahlen enttäuschen.

“Kaum ein Volkswirt hatte einen derart niedrigen Beschäftigungsaufbau erwartet”, sagt LBBW-Ökonom Dirk Chlench. Offenbar sei der Rückgang der Corona-Neuinfektionen im September nicht hinreichend groß gewesen, um sowohl mehr Kunden in Geschäfte und Restaurants zu locken als auch Arbeitssuchende zu ermutigen, dort einer Beschäftigung nachzugehen.

NordLB-Analyst Bernd Krampen erwartet, dass die Fed den “Zug zum Tapering nicht wieder in den Bahnhof zurückfahren” wird: Der weiterhin in einigen Bereichen der Wirtschaft vorherrschende Arbeitskräftemangel sorge für steigende Gehälter – insbesondere in Hochlohnberufen. Die Stundenlöhne legten im September zum Vormonat um 0,6 Prozent und zum Vorjahr sogar um 4,6 Prozent zu. Dieser kräftige Anstieg und auch die nun deutlich unter die Fünf-Prozent-Marke gesunkene Arbeitslosenquote dürften seiner Ansicht nach einen baldigen Eingriff der Fed erfordern. Daher werde sie vermutlich doch im November einen Plan zu einem Tapering verkünden – trotz der enttäuschenden Jobdaten.

 

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